Völkisches Denken / Nationalismus / Patriotismus

Nationalismus bezeichnet eine Ideologie, die die Herstellung, Bewahrung und Stärkung des Nationalstaats vor andere politische Werte und Ziele stellt.

Die Überhöhung der eigenen Nation ist mit der Abwertung anderer Nationen und der Entrechtung derer Angehörigen verbunden. Der Soziologe Friedrich Heckmann beschreibt die »Nation« als ein »ethnisches Kollektiv, das ein ethnisches Gemeinschaftsbewusstsein teilt und politisch-verbandlich in der Form des Nationalstaates organisiert ist. Der Nationalstaat ist eine politische Organisationsform, in welcher der Anspruch einer Übereinstimmung von politisch-staatsbürgerlicher und ethnischer Zugehörigkeit gestellt wird.« (1)

Völkisches Denken

Wenn Nationalität wie Staatsangehörigkeit des Individuums von dessen Herkunft, Abstammung und zugedachter ethnischer Zugehörigkeit (»Rasse«) abhängig gemacht werden, verbindet sich Nationalismus mit völkisch-rassistischem Denken. Dieser völkische Nationalismus führt stets zu Großmachtstreben und zu einer Konkurrenz betonenden und feindseligen Haltung gegenüber anderen Nationen und Staaten. Der Nationalsozialismus konstituierte sich auf der Grundlage eines völkischen Nationalismus. Darüber wurden der Angriffskrieg zur Eroberung von neuem Lebensraum sowie eine Politik zum »Schutz des deutschen Volkes« legitimiert, die zur rassistischen und antisemitischen Praxis der Vernichtung führte.

Patriotismus

Wenngleich das Bekenntnis zum Patriotismus in der Realität häufig der Umschreibung und Verschleierung nationalistischen Denkens dient, so sind Patriotismus und Nationalismus dennoch nicht pauschal gleichzusetzen. Unter Patriotismus wird in Deutschland gemeinhin »Heimatliebe« verstanden. Er beschreibt ein sehr emotionales Verhältnis, welches das Individuum zu seiner Heimat hat bzw. zu haben glaubt. Vorrangige Bezugspunkte können dabei die Nation, der unmittelbare Lebensraum (»Lokalpatriotismus«), aber auch die Verfassung sein (»Verfassungspatriotismus«). Viele Patriot_innen betonen, dass sie keine Feindseligkeiten gegen Menschen anderer Nationalitäten hegen würden. Sie verweisen in Abgrenzung insbesondere zum völkischen Nationalismus darauf, dass ihr Patriotismus nicht an ethnische Zuschreibungen gebunden und stattdessen »weltoffen« sei.

Tatsächlich haben in Deutschland Nationalismus wie Patriotismus eine vergleichbare einschließende und ausgrenzende Wirkung. Sie formen den Zusammenhalt im »Inneren« und installieren gleichermaßen Mechanismen zum Ausschluss derer, die als nicht dazugehörig definiert werden. Dies trifft häufig auch Menschen, die eine anti-nationalistische Kritik an Politik und Gesellschaft formulieren und deswegen als »unpatriotisch« angefeindet werden. Patriotismus konstruiert immer eine Eigengruppe, die als vorberechtigt angesehen wird. Beispielhaft sind die Debatten um Wirtschaftsstandorte, in denen vom patriotischen Standpunkt aus die Interessen von Menschen außerhalb der Eigengruppe, beispielsweise in anderen Ländern und Regionen, stets nachgeordnet, häufig gar negiert werden. Anstatt gemeinsame Interessen – beispielsweise von Arbeitnehmer_innen – zu formulieren, werden die Menschen im Kampf um Arbeitsplätze in Konkurrenz zueinander gesetzt.

International beschreibt Patriotismus ein weites Feld. Die Idee und Schaffung einer eigenen Nation über einen verbindenden Patriotismus ist für unterdrückte ethnisierte Minderheiten oft ein Prozess der Selbstermächtigung und Selbstbehauptung. Ausgehend von der herrschenden Bevölkerungsschicht ist Patriotismus hingegen stets ein Instrument einer Herrschaftsideologie.

(1) Friedrich Heckmann, Ethnische Minderheiten, Volk und Nation. Soziologie interethnischer Beziehungen, Stuttgart 1992