Deutschrock / Neuer Deutschrock / Böhse Onkelz / Frei.Wild

»Deutschrock« ist zum Einen ein Sammelbegriff für deutschsprachige Rockmusik. Zum Anderen kennzeichnet er eine spezifischen Szene, deren bekannteste Bands Böhse Onkelz und Frei.Wild sind. Um diese Szene vom allgemeinen Deutschrock abzugrenzen, wird sie auch als Neuer Deutschrock bezeichnet. Die Bands des Neuen Deutschrock bedienen sich musikalisch aus Heavy Metal, Oi-Punk und Poprock. Sie bieten im Wesentlichen Identitäts- und Bekenntnisrock, der sich das Image des Rebellischen gibt und zugleich frei ist von progressiven gesellschaftlichen Utopien.

In einigen »unpolitischen« Bands des Neuen Deutschrock spielen ehemalige Neonazis, die sich zwar vom »Extremismus« distanzieren, jedoch keinen konsequenten sozialen und lebensweltlichen Bruch mit extrem Rechten vollzogen haben. An manchen Deutschrock-Partys und -Konzerten nehmen Rechte und extrem Rechte in signifikanter Anzahl teil. Wenngleich sich diese meist dem »unpolitischen« Konsens unterordnen, haben die Events dennoch große Bedeutung als Scharnier zwischen extrem Rechten und »unpolitischen« Rockfans.

Vorbild des Neuen Deutschrock ist die Band Böhse Onkelz. Sie war Anfang der 1980er Jahre eine Pionier-Band des RechtsRock in Deutschland und wurde nach ihrer Abkehr vom Neonazismus um 1988 zu einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Rockgruppen. In der Sozialisierung von Jugendlichen zu extrem Rechten ist häufig eine Frühphase zu beobachten, in der sich diese als Böhse-Onkelz-Fans identifizieren. Insbesondere »Böhse-Onkelz-Abende« oder Konzerte mit Böhse-Onkelz-Coverbands, die in Musikkneipen oder Vereinsheimen stattfinden, sind vielfach Treffpunkte auch von extrem Rechten (Bilder 4 und 5). Dies war von den 1980er bis in die 2000er Jahre signifikant. In der in den 2010er Jahren politisierten Neonazi-Generation spielen die Böhsen Onkelz keine größere Rolle mehr.

Frei.Wild ist derzeit eine der populärsten Rockbands in Deutschland. Die Band aus dem italienischen Südtirol versteht sich als deutsch, tritt als »heimatverbunden« und »patriotisch« auf und grenzt sich von extrem Rechten ab. Dennoch transportiert sie nationalistische und völkische Botschaften. Sie vertritt unter anderem den Standpunkt, dass Menschen über ihre Herkunft und Kultur untrennbar mit einer (Heimat-)Region verwurzelt seien, dass gesellschaftliche Zugehörigkeit und Teilhabe nur über die Identifizierung mit Glauben, Brauchtum und Traditionen einer Region stattfinden könne. Diese Positionen werden von den Fans, die sich überwiegend als nicht rechts verstehen, in der Regel als emotionales Empfinden jenseits des Politischen wahrgenommen.

Der Erfolg von Frei.Wild verband sich in Teilen der extrem Rechten (zum Beispiel bei der NPD und der Identitären Bewegung) mit der Erwartung, dass Jugendliche durch die Band den Weg in die »Bewegung« finden würden. Die Beliebtheit von Frei.Wild in extrem rechten Kreisen ließ jedoch erkennbar nach, nachdem sich die Band im August 2015 in einem Statement gegen die Hetze gegen Geflüchtete aussprach und PEGIDA und die AFD als »Idioten« bezeichnete.

 

Bild 1: Der Ausspruch »Gehasst Verdammt Vergöttert« wurde von den Böhsen Onkelz geprägt und kleidet Generationen von Deutschrock-Fans. Auch von Neonazis wird er häufig zitiert, beispielsweise in Einträgen unter »Lebensmotto« in Sozialen Netzwerken. Auch existieren in der extrem Rechten zahlreiche Abwandlung dieses Spruchs, siehe u.a. Bild 2 bei Schwarz-Weiß-Rot.

Bilder 4 und 5: Jugendliche Böhse-Onkelz-Fans und Neonazis auf »Böhse-Onkelz-Partys« in Hessen und Rheinland-Pfalz 2008 und 2006. Neben Onkelz-Shirts sind u.a. Triskele- und Thorshammer-Halsketten zu sehen.

onkelz eingang © Peter Jülich

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