Ein Code ist eine Geheimsprache - eine Zahl, ein Tarnwort, ein Zeichen oder eine Geste, dessen Bedeutung sich nur denen erschließt, die über den zugeordneten Inhalt Bescheid wissen. Sei es, weil sie als Angehörige einer Gruppe oder Szene eingeweiht sind oder weil sie das System der Verschlüsselung kennen und darüber die Aussage übersetzen können.
Die 18 und die 88 gelten als die bekanntesten Zahlencodes der Neonaziszenen, mit ihnen bekennen sich Neonazis zu Adolf Hitler. Doch ist diese (rechte) Bedeutung der beiden Zahlen mittlerweile über neonazistische Szenen hinaus weitbekannt. So sind die 18 und die 88 eigentlich keine Codes mehr, sondern längst zu Symbolen geworden.
Viele Zahlencodes von Neonazis basieren darauf, dass einem Buchstaben im Alphabet die der Zahlenfolge entsprechende Zahl zugewiesen wird. So wird der achte Buchstabe im Alphabet durch die 8 dargestellt, die 88 steht folglich für HH (»Heil Hitler«) und die 18 für AH, die Initialen von Adolf Hitler.
Doch selbst wenn man nun die Grußformel 828, beispielsweise in der Facebook-Kommunikation von Neonazis (Bild 1 unten), als Buchstabenfolge HBH entschlüsseln kann, so muss man schließlich doch wissen, wofür HBH steht, nämlich für »Hail Blood & Honour«.
Und wofür steht eigentlich die 22? Für V oder BB? In Neonaziszenen für beides. Angehörige der Berliner Neonazigruppe Vandalen tragen die 22 auf ihrer Kleidung (Bild 2), Ansteckern und Siegelringen, dort steht sie für den 22. Buchstaben des Alphabets, das V. Die 22 findet sich auch auf den Kutten der im Rockerstil auftretenden Neonazis der Blood Brother Nation (Kürzel: BBN), dort ersetzen sie das doppelte B (Blood Brothers). An anderer Stelle der Blood Brothers-Kutten befindet sich die 14, die – so erklären sie selbst auf ihrer Homepage (Bild 3) – für den 14. Buchstaben im Alphabet, das N für »Nation«, und zugleich für die sogenannten 14 Words steht, einem aus 14 Worten bestehenden rassistischen Glaubensbekenntnis.
Das Beispiel der 14 Words zeigt, dass die Entschlüsselung von Zahlen über das Alphabet nicht immer funktioniert. So bezieht sich der Kennzeichen-Bestandteil »RH 2604« auf dem Auto eines Neonazis auf die Initialen des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß (RH) und dessen Geburtstag am 26. April. Das neonazistische Aktionsbüro Mittelrhein (ABM) aus dem Raum Ahrweiler verfügte jahrelang über einen Lautsprecherwagen mit dem Kennzeichen AW-X-3107. Der offensichtliche Hintergrund: In der Nacht des 31.07.1992 ermordeten Neonazis, darunter eine Person des späteren ABM, den Wohnungslosen Dieter Klaus Klein im Stadtpark von Bad Breisig im Landkreis Ahrweiler.
Akronyme sind Kürzel, die Worte oder Wortgruppen auf ihre Anfangsbestandteile reduzieren. Fast jeder organisatorische Zusammenschluss verwendet ein Akronym. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die Kriminalpolizei (Kripo), die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), die Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) oder auch die Neonaziband Blue Eyed Devils (BED). WAR steht bei Neonazis für White Aryan Resistance und bildet zugleich das englische Wort für Krieg. Dieser wiederum sei gegen ZOG zu führen, gegen die angeblich jüdisch/zionistisch besetzten Regierungen der westlichen Staaten (»Zionist Occupied Government«).
Für Menschen in Ostvorpommern ist es sicher nicht wichtig zu wissen, für was das Gruppenkürzel ABM (Aktionsbüro Mittelrhein) steht, für Menschen am Mittelrhein schon. Jedoch ist in Ostvorpommern der Kameradschaftsbund Anklam, dessen Zugehörige das Kürzel KBA auf ihrer Kleidung tragen, eine sehr präsente Neonazigruppe. In der Region am Mittelrhein ist der KBA noch nicht aufgetreten.
Mitunter verbinden sich Kürzel mit Zahlencodes. So zum Beispiel beim neonazistischen Code H8 oder beim Terrorlabel Combat 18, das sich C18 abkürzt.
Eine Besonderheit ist das Weglassen der Selbstlaute eines Wortes, wodurch dieses trotzdem – wenngleich oft nicht auf den ersten Blick – lesbar bleibt. Neonazis folgen einem weit verbreiteten Modetrend, wenn sie das Hakenkreuz nun zum HKNKRZ verkürzen (siehe auch: Symbole – Funktionsweise und Dynamik / Neu entdeckt und aussortiert) und die neonazistische Modemarke Greifvogel Motive mit der Buchstabenfolge GRFVGL anbietet.
Nicht neu, aber in den vergangenen Jahren (nicht nur unter extrem Rechten) populär geworden, sind »Wortspiele«. So erfährt eine Buchstaben- und Zahlenfolge ihrer Sinn, wenn sie wörtlich ausgesprochen wird. Der Code H8 entstand in den 1980er Jahren in der US-amerikanischen Graffiti-Szene, die englische Lautsprache dafür ist »H-Eight«, gleichlautend dem Wort »Hate«. Die Neonazis übernahmen diesen Code, vor allem da er (neben HH und 88) eine weitere Möglichkeit bot, sich zum Nationalsozialismus zu bekennen - und nun sogar trendy und popkulturell.
Nach dem Prinzip der Lautsprache funktioniert auch die Buchstaben- und Zahlenfolge 2yt4U, die immer wieder bei Neonazis zu sehen ist. Englisch ausgesprochen gleichlautend »Too white for you«.